Vertrauensverlust und Forderung nach politischen Konsequenzen. In ihrer Bewertung zur Lage des Großstadtflughafens Berlin-Brandenburg sind sich die Entscheider der deutschen Reiseindustrie einig. Nach der neuerlichen Ankündigung über eine weitere Verzögerung der Eröffnung des Flughafens verliert die Branche zunehmend ihr Zutrauen in die Verlässlichkeit der politisch Verantwortlichen. Sorgen bereitet den Managern der Reiseindustrie zum Jahresanfang die weitere Entwicklung bei Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin. Positiv schätzt die Reiseindustrie dagegen das Unterfangen der Deutschen Lufthansa ein, mit Germanwings im Europaflug-Verkehr wieder Boden gut zu machen.
Bei einer Umfrage unter den Managern der Reiseindustrie, die veröffentlicht wurde, gaben 53 Prozent an, dass sie nicht an einen Eröffnungstermin des neuen Berliner Großstadtflughafens im Jahr 2014 glauben. Für 81 Prozent der Befragten stellt die Situation um den neuen Airport eine Blamage dar. Für sie hat die mehrmalige Verzögerung dem Standort Deutschland Schaden zugefügt. Dennoch gehen auch 66 Prozent der Befragten davon aus, dass das Gedächtnis der Menschen kurzfristig angelegt ist und in paar Jahren niemand mehr von den Baupannen in Schönefeld sprechen wird. Allerdings ist es für 95 Prozent der im Januar 2013 vom Beratungsunternehmen Trendscope befragten 235 Manager auch an der Zeit, dass die politisch verantwortlichen Aufsichtsräte zur Verantwortung gezogen werden. Für 95 Prozent der Befragten ist deutlich, wen die Schuld trifft: die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg.
Geteilter Meinung sind die Vertreter der Branche im Entscheider-Panel der deutschen Reiseindustrie in ihrer Beurteilung zur Zukunft der Air Berlin. 54 Prozent der Befragten gehen nicht davon aus, dass Air Berlin 2013 unter neuer Führung seine Krise meistern und mittelfristig wieder in schwarze Zahlen fliegen wird. 60 Prozent geben sogar an, dass man sich um die Zukunft von Air Berlin Sorgen machen muss. Dabei ist sich die Mehrheit der Manager über die Bedeutung von Air Berlin durchaus bewusst: Nach Einschätzung von 72 Prozent der Befragten ist die Airline für die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland heute „systemrelevant“ und unverzichtbar.
Positive Noten geben die Manager der Lufthansa und ihrer neuen Strategie im Europaflug-Verkehr. 62 Prozent der befragten Entscheider sind der Ansicht, dass sich die Verlagerung zu Germanwings bereits im laufenden Jahr positiv bemerkbar machen wird. Und 64 Prozent sind zudem der Meinung, dass Germanwings die richtige Antwort auf die europäischen Low Cost Airlines wie EasyJet und Ryanair ist. Allerdings ist die Lufthansa nach Einschätzung von 84 Prozent der Befragten spät dran.
Adrian von Dörnberg, Vize-Präsident des Travel Industry Club: „Das Drama um den geplanten Großstadtflughafen zeigt erneut, dass der Staat ganz offensichtlich nicht in der Lage ist, derartige Projekte erfolgreich zu führen und letztendlich auch die Bereitschaft vermissen lässt, der von ihm übernommenen politischen Verantwortung konsequent nachzukommen. Statt sich an derartigen Großprojekten zu übernehmen sollte sich der Staat vielmehr darauf konzentrieren und die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Luftverkehr beflügeln und nicht behindern.“ Zur Situation um Air Berlin sagte Adrian von Dörnberg: „Das Drama um die zweitgrößte Airline des Landes ist eine weitere schwere Belastung für die deutsche Touristik. Auch ein vorübergehender Ausfall der Kapazitäten wäre für die deutschen Urlauber fatal und die Branche ein Horrorszenario.“
Quelle: Travel Industry Club