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Konzern verkauft Immobilien

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HANNOVER (dpa-AFX) – Europas größter Touristikkonzern TUI hat den geplanten Börsengang seiner Schifffahrtstochter Hapag-Lloyd abgesagt. TUI begründete am Dienstag den Kurswechsel mit derzeit an der Börse nicht erreichbaren Preisvorstellungen. Die Gefahr einer TUI-Übernahme schätzt Vorstandschef Michael Frenzel inzwischen geringer als noch vor sechs Wochen ein. „Die Hürde ist höher geworden“, sagte er in Hamburg.

Frenzel begründete dies mit dem in den vergangenen Wochen deutlich gestiegenen Aktienkurs. Bezüglich der Anteile, die die WestLB verkaufen will, sagte Frenzel, er sei zuversichtlich, dass die TUI eine „vernünftige“ Eigentümerstruktur bekomme. Die TUI fühle sich „fair“ in diesen Prozess einbezogen. Die Übernahmediskussion war im Juli mit der Erhöhung des Anteils der US-Investmentbank Morgan Stanley auf 10,1 Prozent ausgelöst worden.

TUI HÄLT LANGFRISTIG AN HAPAG LLOYD FEST

Die Einnahmeausfälle durch den abgesagten Börsengang will der Touristikkonzern unter anderem durch Verkäufe von weiteren Beteiligungen und Immobilien kompensieren. „Es gibt eine ganze Reihe von Sachen, mit denen wir die Lücke des verpassten Börsengangs schließen können“, sagte Finanzvorstand Rainer Feuerhake.

Frenzel betonte, einen Börsengang oder einen Anteilsverkauf an einen Investor werde es bei Hapag-Lloyd auch in den nächsten Jahren nicht geben. Ursprünglich wollte TUI in der zweiten Jahreshälfte rund 30 Prozent der Anteile am Markt platzieren. Dafür hätte der Konzern nach Schätzung von Analysten etwa 600 Millionen Euro erhalten können. Dies erschien dem TUI-Vorstand als zu wenig: „Im Laufe der Vorbereitungen auf einen möglichen Börsengang hat sich die Lage auf den Kapitalmärkten verändert, sodass ein fairer Wert für das Unternehmen derzeit nicht zu realisieren ist.“

SCHULDENSTAND BEI 3,3 MRD EURO

Für 2004 erwartet TUI erneut ein starkes Geschäftsjahr in der Schifffahrt und auch für die folgenden Jahre weiteres Wachstum. Dies könne der Konzern aus eigener Kraft stemmen. Die TUI-Finanzierung sei langfristig strukturiert und der Abbau der Schuldenlast auf unter zwei Milliarden Euro bis Ende 2005 könne auch ohne einen Börsengang der Hapag-Lloyd erreicht werden, sagte Feuerhake.

Zum Abbau der Verbindlichkeiten, die Ende Juni 3,288 Milliarden Euro betrugen, würden in mehreren Vorgängen Immobilienwerte für insgesamt 100 bis 200 Millionen Euro verkauft. Auch die US-Stahltochter, die 2005 verkauft werden soll, entwickele sich besser als erwartet. Für den VTG-Lehnkering Eisenbahnbereich will TUI bald erste Angebote einholen, der Verkauf könne im Frühjahr 2005 über die Bühne gehen.

BÖRSE NICHT ÜBERRASCHT

Die in den vergangenen Wochen von Übernahmespekulationen getriebene TUI-Aktie notierte nach anfänglich größeren Verlusten am Nachmittag bei 14,86 Euro mit 0,27 Prozent im Plus. Zugleich stieg der Leitindex um 0,34 Prozent auf 3.900,97 Punkte. Bei der Index-Zusammensetzung am Freitag hatte TUI nach einer langen Zitterpartie den Verbleib in der „Börsen-Bundesliga“ geschafft. Die WestLB will sich von ihrer 31-Prozent-Beteiligung an TUI trennen.

An der Börse hielt sich die Überraschung in Grenzen. „Damit sind die Übernahmespekulationen bei TUI wohl vom Tisch, dies dürfte die Aktie kurzfristig belasten“, sagte Analyst Per-Ola Hellgren von der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP). Strategisch gesehen sei es aber positiv, dass sich der verschuldete Konzern nicht von seinen „Kronjuwelen“ trenne.

OETKER WOLLTE HAPAG-LLOYD

Als Alternative zum Börsengang hätte sich der Verkauf an einen Investor angeboten. Der Bielefelder Mischkonzerns Oetker, der ebenfalls in der Containerschifffahrt führend ist, hatte Interesse signalisiert. TUI führte aber keine Verhandlungen mit Oetker.

Nun teilte TUI mit, Hapag-Lloyd sei mit der Containerlinie und den Kreuzfahrten als reines Schifffahrtsunternehmen klar strukturiert. „Sie ist eines der erfolgreichsten und ertragsstärksten Unternehmen im nachhaltig wachsenden Markt für Containertransporte.“ Zur Hapag-Lloyd-Flotte gehören 47 Containerschiffe und mehrere Luxus-Liner.

LOGISTIK TEILWEISE ABGEGEBEN

Der Hapag-Lloyd-Logistikbereich wurde wegen der Börsengang-Pläne bereits teilweise aufgelöst. Abgegeben wurden die Töchter Pracht Spedition + Logistik an Kühne & Nagel, der VTG-Lehnkering-Bereich Bulk- und Speziallogistik ging an den Finanzinvestor Triton. Für rund 320 Millionen Euro wurde im Juli der Verkauf des 67-Prozent-Anteils am französischen Gebäudespezialisten Algeco an die englische Investmentfirma TDR Capital LLP bekannt gegeben.

Hapag-Lloyd-Chef Michael Behrendt, der in den TUI-Konzernvorstand aufrückt, sagte am Dienstag, das Ergebnis im ersten Halbjahr habe bei 104 Millionen Euro und damit um 62,5 Prozent über dem Vorjahresniveau gelegen. Im Vorjahr erreichte die Hapag-Lloyd AG den höchsten Gewinn der Unternehmensgeschichte. Bei einem leicht gestiegenen Umsatz von 3,9 Milliarden Euro erhöhte sich das operative Ergebnis um 70 Prozent auf 343 Millionen Euro. Davon entfielen auf den Bereich Schifffahrt 2,4 Milliarden Euro Umsatz und ein operatives Ergebnis von 248 Millionen Euro