Die Arbeitswelt normalisiert sich wieder. Mitarbeiter verabschieden sich langsam vom Homeoffice und kehren in die Büros zurück. Der richtige Zeitpunkt für eine Studie zur Bürokleidung findet BearingPoint und befragt 1000 Büromitarbeiter dazu.
Sweater statt Krawatte: Das coronabedingte Homeoffice hat in vielen Branchen den Dresscode geändert. Dahinter lauert eine Auseinandersetzung um die Arbeitskultur, die mit der Rückkehr in die Büros zu Turbulenzen bei der Zusammenarbeit führen könnte. Warum der Kleiderschrank ihrer Angestellten bald viele Führungskräfte beschäftigen wird – und was ihnen Studienleiter Alexander Schmid, Executive Advisor bei BearingPoint, empfiehlt.
Die Homeoffice-Pflicht ist ausgelaufen, viele Beschäftigte kehren an ihre Arbeitsplätze im Büro zurück – und in zahlreichen Unternehmen und Behörden zeichnet sich eine Auseinandersetzung um die Arbeitskultur ab. Die Studie „Bürokleidung der Zukunft“ der Management- und Technologieberatung BearingPoint ist der Frage nachgegangen, wie sich das Verhältnis von Büroangestellten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu ihrer Arbeitskleidung in den vergangenen beiden Jahren verändert hat. Die Ergebnisse scheinen eindeutig: 62 Prozent der über 1.000 befragten Büromenschen haben auch weiterhin nach Rückkehr in die Büros vor, am Arbeitsplatz T-Shirts und Sweater zu tragen. Nur noch zwei Prozent können sich vorstellen, täglich Krawatte oder Halstuch umzubinden. Beobachten wir hier das Ende strenger Dresscodes mit ihren „unwritten rules“ in Banken, Verwaltungen und Industriekonzernen?
Wie der richtige Büro-Dresscode den Firmenumsatz beeinflusst
Die Studie hat die Beschäftigten nicht nur befragt, sondern auch in Workshops und Fokusgruppen diskutieren lassen. Dabei zeigte sich: Hinter dem Zerfall der alten Kleiderordnung lauert vielfach ein Wertekonflikt, der viele Unternehmen vor ein Dilemma stellt: Ist den einen legere Alltagskleidung in Büros das Symbol für die agile Transformation der Arbeitswelt, warnen die anderen vor einem Verfall der Arbeitskultur mit Folgen für Performance und Umsatz von Unternehmen.
„Rund 30 Millionen Menschen in Deutschland, der Schweiz und Österreich arbeiten im Büro“, sagt Alexander Schmid, Executive Advisor bei BearingPoint und Leiter der Studie. „Das Dresscode-Dilemma drückt sich vor allem in Arbeitssituationen mit externen Geschäftspartnerinnen und -partnern aus. Der Büro-Dresscode muss dann mit dem post-pandemischen Kleidungs- und Arbeitsverständnis im Grunde Unvereinbares irgendwie zusammenbringen. Das ist eine Führungsaufgabe, auf die viele Unternehmen bislang nicht vorbereitet sind.“
Beide Lager haben gute Argumente auf ihrer Seite: Strenge Kleiderregeln werden als demotivierend empfunden und fördern womöglich ungewollt die Fluktuation gut ausgebildeter und motivierter Fachkräfte, anderseits bleiben Anzug, Kostüm, Krawatte und Halstuch nach außen Symbole für Professionalität und Fachkompetenz. Vier von fünf Befragten zum Beispiel halten einen höheren Tagessatz für externe Berater:innen allein dadurch für gerechtfertigt, dass diese formal korrekt gekleidet sind. Für mehr als zwei Drittel kann die Differenz im Umsatz 15 Prozent oder mehr betragen, für fast jeden Sechsten sogar über 30 Prozent.
Damit steht fest: Der Kleiderschrank ihrer Angestellten wird bald bei vielen Führungskräften zum Thema. Wer darauf hofft, dass die Rückkehr ins Büro automatisch eine Rückkehr zu den alten Dresscodes bedeutet, dürfte jedenfalls enttäuscht werden. Viele Büroangestellte haben in den vergangenen beiden Jahren Tatsachen geschaffen. Gaben sie 2019 noch durchschnittlich 1.176 Euro für Bürokleidung aus, waren es in den Pandemiejahren nur noch gut 480 Euro in 12 Monaten. Vielen Berufs-Einsteigern fehlten im Homeoffice zudem die sozialen Vorbilder. Weniger als jeder Vierte von ihnen hat daher die nötigen Kleider im Schrank, um auch bei sehr formalen Terminen formal gekleidet zu sein.
New Normal: Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Drei Ansätze zeichnen sich laut Alexander Schmid ab: Erstens sind Smart Dresscode Contracts eine Lösung, die einerseits anlassbezogen bestimmt werden (smart) und andererseits mit der Belegschaft ausgehandelt sind (contract). Dazu gehört zweitens auch, die Bürokleidung im Kontext der Arbeit zu thematisieren. Es muss über Sinn und Zweck der Kleidung gesprochen werden. Drittens muss klar sein, dass die Grenze zwischen Dresscodes nicht deckungsgleich ist mit jener zwischen Homeoffice und Büro. Auch künftig werden formale Termine digital abgehalten. Hier ist zu bestimmen, was einen Auftritt ausmacht, der die kulturell angestrebte Wertigkeit einer Organisation unterstreicht. Neben Kleidung rückt hier auch die technische Ausstattung in den Vordergrund, etwa bei Kamera und Licht.
„Entlang dieser Empfehlungen lässt sich das gewachsene Nebeneinander von geschriebenen wie ungeschriebenen Dresscodes weiterentwickeln, um eine post-pandemische Orientierung unter den jeweiligen kulturellen Werten der Arbeits- und Bürokultur zu erleichtern“, so Alexander Schmid.
Über die Studie:
Die Studie „Bürokleidung der Zukunft – Was trage ich morgen im Büro?“ wurde im Zeitraum von August 2021 bis Februar 2022 von BearingPoint erstellt. Grundlage der Studienergebnisse sind eine Online-Befragung in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit über 1.000 Teilnehmern, sowie fragenbogenbasierte Expertengespräche, offene Diskussionen und ergänzende Recherchen.
Die gesamte Studie gibt es auf: https://www.bearingpoint.com/de-de/unser-erfolg/insights/ergebnisse-der-buerokleidungsstudie/
Quelle: BearingPoint / Bild: Pixabay