Frankreich ist nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes hinter den USA Deutschlands wichtigster Handelspartner bei Importen und Exporten. Die französische Lebensart genießt hohes Ansehen im deutschen Alltag. Daher scheint der Aufbau von Geschäftsbeziehungen einfacher als mit exotischen Ländern. Doch die geografische Nähe trügt. Wie tickt das andere Team?
Waltraud Schleser, interkulturelle Trainerin der Carl Duisberg Centren, gibt Tipps für erfolgreiches deutsch-französisches Teamwork.
1. Wer Zeit verliert, gewinnt
Das A und O in der Zusammenarbeit mit Franzosen ist der Aufbau einer guten Beziehungsebene. Das braucht Zeit und muss ständig gepflegt werden. Französische Geschäftspartner möchten Sie als Person kennenlernen. „Zeit verlieren, bedeutet Zeit gewinnen“ ist deshalb jederzeit das Motto. Kommt ein Geschäftspartner zu spät, heißt das keinesfalls, dass er den Termin nicht wichtig findet – Franzosen haben ein anderes Zeitverständnis als Deutsche.
2. Französischen Smalltalk verstehen
Was für Deutsche oft verwirrend ist, hat für den Franzosen System. Nicht wundern, wenn der französische Partner in kurzer Zeit viele unterschiedliche Themen anspricht. Smalltalk ist in Frankreich nicht dasselbe wie in Deutschland. Viele bunte Themen schaffen Gemeinsamkeiten und eine Basis, auf die man bei nächster Gelegenheit zurückkommen kann. Deshalb ist es auch sinnvoll, öfter mit Geschäftspartnern zu telefonieren, um diese Gemeinsamkeiten auszubauen.
3. Handschlag oder Küsschen
Beim persönlichen Kontakt hat der Handschlag in Frankreich eine noch größere Bedeutung als in Deutschland. Nach einem erfolgreichen Beziehungsaufbau gehen Franzosen irgendwann vielleicht zum Wangenkuss über, der im geschäftlichen Alltag allerdings nicht zwischen Männern ausgetauscht wird. Wie oft rechts und links geküsst wird, ist regional unterschiedlich und selbst den Franzosen untereinander nicht immer klar. Hier lohnt sich aufmerksames Beobachten oder eine einfache Nachfrage, die bestimmt gerne beantwortet wird.
4. Austausch auf dem kurzen Dienstweg
Deutsche brauchen Zahlen, Daten, Fakten. Für Franzosen reicht dagegen sprichwörtlich „der Austausch an der Kaffeemaschine“, um immer über alles informiert zu sein. Dadurch ist die französische Seite immer über alles informiert und gibt nur noch die Informationen weiter, die sich nicht aus dem Kontext erschließen lassen. Vorsicht aber beim Geschäftsessen, denn dort sind Business-Themen tabu.
5. Der Chef ist Chef – vom Umgang mit Hierarchien
Den weitestgehend flachen Hierarchien in Deutschland stehen steile Hierarchien in Frankreich gegenüber. Guter Vergleich: das Brandenburger Tor und der Eiffelturm. Die Autorität des Chefs stellt niemand in Frage, seine Entscheidungen werden nicht angezweifelt, höchstens unauffällig den realen Gegebenheiten „angepasst“. Die finale Entscheidung trifft er. Wenn Franzosen bei Meetings vage bleiben, fehlt oft noch das letzte Ok des Vorgesetzten.
6. Durch die Blume
Deutsche sind bekannt dafür, direkt zu kommunizieren – man weiß, woran man ist. Für Franzosen hat die indirekte Kommunikation einen viel höheren Stellenwert. Direkte Absagen sind unüblich. Achten Sie daher beim „Ja“ eines französischen Geschäftspartners auf Zwischentöne, Mimik und Gestik. Kritik an einer Sache – ordentlich und höflich verpackt – gilt in Deutschland als konstruktiv. Franzosen empfinden diese immer auch als Kritik an der eigenen Person. Deshalb reden sie gerne „um den heißen Brei herum“ – denn keiner soll sein Gesicht verlieren. Also zwischen den Zeilen lesen und Kritik frühzeitig wahrnehmen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist!
7. Sprache als Schlüssel
Natürlich sprechen viele Franzosen Englisch oder Deutsch, zeigen dies aber nicht unbedingt. Gerade in Frankreich sind einige französische Vokabeln – gerne auch mehr – die Eintrittskarte für gute gemeinsame Geschäfte und helfen dem Beziehungsaufbau. In der Anrede halten es Franzosen zu Beginn einer Geschäftsbeziehung ähnlich förmlich wie die Deutschen.
8. Linearität versus Flexibilität
Planvolles Vorgehen ist das Markenzeichen der Deutschen – sie empfinden Stress, wenn etwas nicht wie vorgesehen verläuft. Franzosen gehen davon aus, dass jederzeit nicht vorhersehbare Umstände eine Rolle spielen können. Sie sind entsprechend flexibel und passen vorgegebene Pläne neuen Situationen spontan an – und das nicht unbedingt nach Rücksprache mit dem deutschen Partner. Diese Arbeitsweise bringt deutsche Partner oft zur Verzweiflung. Franzosen fühlen sich im Gegenzug von den Deutschen bevormundet, die immer auf die Einhaltung vereinbarter Pläne pochen.
Das Lernen der französischen Sprachen sowie das Interesse an Land, Kultur und Leuten sind sicherlich ein Trumpf für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Franzosen sind Genießer. Warum nicht dem französischen Savoir-vivre nachgehen und beim Essen mit einem guten Glas Wein die kulturellen Grenzen gemeinsam überwinden? Und wenn die Beziehungsebene stimmt, kann man auch schwierige Situationen besser meistern. Santé!
Quelle: Carl Duisberg Centren
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