Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag, den 08. Februar 2018 die Deutschland vorgeworfenen Vertragsverletzungen in Sachen Umsatzbesteuerung von Reiseleistungen bestätigt. Dabei geht es zum einen um die bisher übliche Anwendung der Gesamtmargenbesteuerung bei Reiseveranstaltern und zum anderen um die Ausweitung auf den Geschäftsreisebereich. „Diese Entscheidung hat schwerwiegende Folgen für die gesamte Branche“, erläutert Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV).
Die Beanstandung der Gesamtmargenermittlung führt dazu, dass eine Einzelmargenermittlung zukünftig durchgeführt werden muss. Im Ergebnis führt dies zu einem erheblichen Mehraufwand bei den Reiseveranstaltern. Darüber hinaus bedeutet das Urteil einen massiven Eingriff in das Geschäftsmodell der neutral beratenden Geschäftsreisebüros mit erheblichen finanziellen Belastungen. Denn durch die Anwendung im Geschäftsreisebereich erhöhen sich die Reisekosten der Firmenkunden, da ein Vorsteuerabzug nicht mehr geltend gemacht werden kann. „Wir setzen auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Bundesfinanzministerium bei der Umsetzung dieses Urteils in das deutsche Umsatzsteuerrecht. Die Ermittlung der umsatzsteuerpflichtigen Marge muss für alle Beteiligten akzeptabel sein und es müssen praktikable Regelungen für den B2B-Bereich erarbeitet werden“, so Fiebig weiter. Darüber hinaus müsse der Branche eine ausreichende Übergangszeit eingeräumt werden, da für die Umsetzung neue IT-Systeme zu entwickeln wären.
Die Problematik
Die Ermittlung der Einzelmargen ist überaus schwierig und eine korrekte Kalkulation schier unmöglich. Dies beruht auf den Besonderheiten bei der Preisvereinbarung und Abrechnung im Tourismus: Aufgrund der sehr komplizierten Preisgestaltung, die beispielsweise Volumenincentives, Boni in Abhängigkeit der Jahresumsätze usw. berücksichtigt, erstreckt sich die endgültige Abrechnung der Reisevorleistungen – also der Leistungen dritter Unternehmen wie Hotels, Fluggesellschaften, Busunternehmen etc. – über Monate. In der Folge wären aufwendige Kontrollen und mehrfache Berichtigungen der Margenberechnungen sowie der Umsatzsteuerzahlungen notwendig – inklusive dem damit einhergehenden administrativen Aufwand und der hohen Fehleranfälligkeit.
Darüber hinaus sind viele Fragen in diesem Zusammenhang aktuell noch ungeklärt, wie beispielsweise die Frage, worauf sich die Einzelmarge bezieht – also auf die Reise selbst, die Reisenden oder eine Gruppe. Ebenfalls zu klären ist, was mit ungenutzten Kontingenten passiert oder wie Jahresboni aufzuteilen sind. „Durch die ungeklärten Fragen entstehen Unsicherheiten für jeden Reiseveranstalter“, macht Fiebig deutlich. „Diese müssen schnellstmöglich beseitigt werden.“
Die Folgen für Geschäftsreiseanbieter
Für Geschäftsreisebüros, die im eigenen Namen Leistungen anbieten, entsteht ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, da das deutsche Umsatzsteuergesetz einen Ausweis der Umsatzsteuer auf die Marge nicht vorsieht und somit auch keinen Vorsteuerabzug beim Geschäftsreisenden ermöglicht. In der Folge wird es für die Kunden erheblich attraktiver, direkt über die Leistungsträger zu buchen, da in diesem Fall der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Vor diesem Hintergrund hatte der DRV gemeinsam mit der ECTAA von Beginn an eine Margenumsatzsteuer mit Opt-Out-Möglichkeit gefordert. Diese würde es Reiseunternehmen erlauben, die normalen Mehrwertsteuerregelungen anzuwenden, wenn das Unternehmen in dem EU-Staat registriert ist, in dem die Dienstleistung erbracht wird.
Quelle: Deutscher Reiseverband
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