Die Stuttgarter Daimler AG hat sich am 02. Februar 2016 gegenüber den Mitarbeitern zu den Vorwürfen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) geäußert. Die DUH wies in einer Mitteilung darauf hin, dass die Abgasreinigung bei einer Mercedes C-Klasse 220 CDi BlueTec bei niedrigeren Prüftemperaturen nicht funktioniert. Sie bezieht sich dabei auf den Bericht des niederländischen Prüfinstituts TNO, das die hohen Überschreitungen der NOx-Emissionen bei diesem Fahrzeug gemessen hat.
Bei Außentemperaturen zwischen sieben und zehn Grad lagen diese um das bis zu Zehnfache über dem geltenden Grenzwert. Für Temperaturen in der kalten Jahreszeit räumt Daimler im firmeninternen Intranet ein: „Es finden Anpassungen an die jeweiligen Betriebsbedingungen statt, die den Wirkungsgrad beeinflussen“. Damit gibt Daimler vollumfänglich zu, eine Abschalteinrichtung zu verwenden.
Die Begriffsbestimmung der EU Zulassungsverordnung 715/2007 definiert eine Abschaltreinrichtung als „ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.“
Es geht also nicht wie – Daimler fälschlicherweise behauptet – darum, ob das Emissionskontrollsystem komplett abgeschaltet wird, sondern ob dieses in der Wirksamkeit vermindert wird. Dies ist gegeben und wird von Daimler eingeräumt. Damit geht es nur noch um die Frage, ob es sich um eine nach Art 5 (2) a) der EU Zulassungsverordnung 715/2007 erlaubte oder eben verbotene Abschalteinrichtung handelt.
Das durch TNO geprüfte Fahrzeug hat, wie die Abgastests auf der Prüfrolle gezeigt haben, eine funktionierende SCR-Emissionsminderungsanlage, die sowohl beim Zulassungstest sowie in allen weiteren Labortests im Geschwindigkeitsbereich zwischen 0 – 150 km/h den Euro 6 NOx-Grenzwert deutlich unterschreitet.
Bei allen Straßenmessungen hingegen überschreitet der Mercedes den NOx-Grenzwert um das bis zu 28-fache. Die von Daimler eingeräumte Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems zeigt sich beim Vergleich der durch TNO gemessenen NOx-Emissionen vor und nach dem SCR Kat. Die Wirksamkeit des Emissionsminderungssystems wird laut TNO um bis zu 90 Prozent reduziert.
Dass es sich um eine massive Minderung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems handelt, zeigt der Vergleich der NOx-Emissionen bei Messungen mit den konstanten Geschwindigkeiten von 80/100/130/150 km/h auf der Prüfrolle und der Straße. Die NOx-Werte lagen um den Faktor 10 bis 40 auseinander. Der einzige bekannte geänderte Parameter bei den Straßenmessungen war die Außentemperatur von 7 bis 10 Grad Celsius. Der zu exakt denselben Labor- bzw. Straßenbedingungen getestete BMW 530d zeigte bei den Messungen mit konstanten Geschwindigkeiten keine Unterschiede zwischen Labor und Straße.
Daimler bestreitet nicht die Richtigkeit der von TNO gemessenen >800 mg NOx bei mehreren Prüfzyklen mit stadtnahen Geschwindigkeiten (0-45 km/h sowie 0-60 km/h) bzw. bis zu über 2.200 mg bei weiteren Straßenmessungen. Der ebenfalls getestete BMW 530d kommt bei 0-45 km/h – einer üblicherweise in Städten gefahrenen Geschwindigkeit – auf 78 mg, d.h. auf ein Zehntel des Wertes des gemessenen Mercedes.
Die Emissionsminderungstechnik (SCR) beider Fahrzeuge ist vergleichbar. Bei den Prüfstandsmessungen sind die durch TNO gemessenen NOx-Emissionen im offiziellen Prüfzyklus zwischen BMW und Mercedes nahezu identisch. Beide Fahrzeuge unterschreiten auf der Prüfrolle auch deutlich den NOx-Grenzwert von 80 mg/km.
Die DUH zieht folgende Schlussfolgerung: Der durch TNO geprüfte Mercedes C220 CDi hat bei allen Einzeltests auf der Straße bei Temperaturen zwischen 7 bis 10 Grad eine starke bis sehr starke Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems gezeigt. Daimler reklamiert, dies sei notwendig zum „Bauteilschutz“ sowie zur „Sicherheit und Haltbarkeit“ der Fahrzeuge.
Diese Argumentation wäre unmittelbar das Eingeständnis, dass die Fahrzeuge gegen Artikel 5 (1) aus der EU Zulassungsverordnung 715/2007 verstoßen. Er schreibt vor, dass die Vorschriften „in normal use“ eingehalten werden müssen. So fanden alle der über 30 TNO-Einzeltests unter leichten bis normalen Belastungen des Motors statt, extreme Belastungen waren nicht Bestandteil der Prüfungen. Temperaturen unter 10 Grad Celsius sind zudem in Deutschland in über 50 Prozent der Zeit zu verzeichnen. Der DUH ist kein anderer Autohersteller bekannt, der reklamiert, bei Temperaturen unter 10 Grad zum „Bauteilschutz“ eine Abschalteinrichtung aktivieren zu müssen.
Die DUH wirft der Daimler AG vor, nicht nur gegen Recht und Gesetz zu verstoßen, sondern auch seine Kunden zu täuschen, die entgegen dem Versprechen des Hersteller ein sauberes Auto zu kaufen, eine Dreckschleuder erhalten, die die Atemluft enorm verpestet.
„Daimler-Chef Zetsche hat sich von seinem Qualitätsversprechen ‚Das Beste oder nichts‘ verabschiedet. Besser passt der Slogan „Wir können alles, nur nicht saubere Autos bauen“, folgert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Quelle: Deutschen Umwelthilfe
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