Deutschland kann mit Spitzenstandorten in Nordamerika, Westeuropa und Skandinavien kaum noch mithalten, so das Ergebnis des neuen Länderindex der Stiftung Familienunternehmen. Während andere Staaten in Infrastruktur investieren oder ihr Steuersystem reformieren, kommt Deutschland nicht voran. Der einzige klare Aktivposten ist die vergleichsweise geringe Verschuldung des Staates und der privaten Haushalte.
Die gegenwärtige Krise sollte als Chance zur Umkehr begriffen werden, vor allem zum Abbau lähmender Regulierungslasten, schreiben die Studienautoren. Die steuerlichen Bedingungen müssen sich dringend verbessern. Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist eine echte Wende in der Bildungspolitik nötig. Die Genehmigung und Durchführung öffentlicher Investitionsvorhaben sollte sich in der Breite beschleunigen.
Der Länderindex als Vergleich von 21 Industriestaaten erstellt im Auftrag der Stiftung regelmäßig das Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW in Mannheim – unter der Leitung von Professor Friedrich Heinemann. Dies geschieht seit 2006 mittlerweile zum neunten Mal. Seitdem ist Deutschland um sechs Rangplätze abgerutscht.
Bei Steuern auf dem vorletzten Platz
Im Zeitverlauf lässt sich ablesen, dass sich Deutschland bei Steuern, Regulierung und Infrastruktur negativ entwickelt hat. Auch das Verhältnis Arbeitskosten und Produktivität zeigt einen ungünstigen Trend im Vergleich zu den Wettbewerbern. Bei der Steuerlast für Familienunternehmen rangiert Deutschland weiterhin auf dem vorletzten Platz; bedingt vor allem durch die Untätigkeit der deutschen Steuerpolitik, wie Heinemann schreibt.
Diese Nachteile waren durch die positive Tendenz beim Indikator Finanzierung nicht auszugleichen. Außerdem muss sie für die Zukunft nicht so gelten. Aktuell sei hier der Sinn für Prioritäten und zielgenaue Hilfen auf der Strecke geblieben, so Heinemann. Der Bundeshaushalt mit seinen Nebenhaushalten sei nicht mehr transparent genug. Luft für Zukunftsaufgaben sei nur zu bekommen, wenn endlich Reformen im Bereich Rente und Gesundheit stattfänden.
Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Der Industriestandort Deutschland hat dramatisch an Qualität verloren. Gerade die hohen Energiepreise, an denen wir wenig ändern können, müssten doch Anreiz bieten, die übrigen Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Im internationalen Vergleich auf den hintersten Plätzen – das ist nicht das Feld, in das wir gehören.“
In der aktuellen Rangliste befindet sich Deutschland auf Platz 18, vier Plätze schlechter als beim vorhergehenden Länderindex aus dem Jahr 2020. Ein kleiner Trost: die Länder auf den Plätzen 14 bis 19 liegen mit ihren Punktwerten sehr nah beieinander. Es gibt für Deutschland aber keinerlei Anzeichen für eine Aufwärtsbewegung. Nur Ungarn, Spanien und Italien schneiden noch schlechter ab.
Spitzenreiter USA kämpft mit Inflation
Angeführt wird die Rangliste von den USA, Kanada, Schweden und der Schweiz. Die USA zeigen herausragende Ergebnisse bei den Standortfaktoren Energie und Regulierung. Doch wer die USA als unschlagbar attraktiven Standort auch für deutsche Unternehmen betrachtet, darf die dort überdurchschnittliche Inflation nicht vergessen, schreibt Heinemann. Der Preis- und Lohndruck sei hoch in den USA. Verbunden mit der Dollar-Aufwertung mindert das die Attraktivität des Standorts.
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Der Länderindex wird als gewogener Durchschnitt von sechs Subindizes errechnet: Steuern, Arbeit, Regulierung, Finanzierung, Infrastruktur und Investitionen, Energie. Er kann Punktwerte zwischen 0 und 100 annehmen. Starke Verbesserungen zeigten Japan und Schweden, große Verluste verzeichneten Österreich und die Niederlande.
Quelle: Stiftung Familienunternehmen / Grafik: Pixabay