Wer sein ausländisches Bußgeld wegen Falschparkens oder zu hoher Geschwindigkeit nicht bezahlt, muss damit rechnen, dass es auch nach der Rückkehr nach Deutschland eingezogen wird. Dafür gibt es seit 2010 ein EU-weites Vollstreckungsübereinkommen. Es regelt die grenzüberschreitende Vollstreckung von nichtbezahlten Bußgeldern ab 70 Euro. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der offizielle Weg selten beschritten wird. Der Erlös nach dem EU-Vollstreckungsübereinkommen bleibt nämlich im Vollstreckungsstaat. Im Falle eines italienischen Bußgeldes beispielsweise also in Deutschland. Aber: Über private Inkassodienstleister erhält der Auftraggeber den Erlös, sprich Italien.
Genau hier sieht der ADAC einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und strebt ein Musterverfahren beim Landesdatenschutzbeauftragten Nordrhein-Westfalens an. Denn: Die Übermittlung der Daten einer öffentlich-rechtlichen Behörde an ein privates Unternehmen stellt eine unrechtmäßige Verarbeitung von personenbezogenen Daten dar, so die Juristen des Clubs. Aus Sicht des ADAC sollte für ausländische Bußgeldeintreibungen nur der offizielle Weg über das EU-Vollstreckungsübereinkommen genommen werden. Dieser ist transparent und gewährt Rechtssicherheit für die Betroffenen.
Tatsächlich gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, dass private Inkassounternehmen nichtbezahlte italienische Bußgeldforderungen in Deutschland durchsetzen. „Es handelt sich hierbei um öffentlich-rechtliche Forderungen, die nur auf dem im EU-Rahmenbeschluss vorgesehenen Weg volltreckt werden können“, sagt der Leiter Auslandsrecht beim ADAC, Michael Nissen. „Eine Beteiligung privater Inkassounternehmen ist hier nicht vorgesehen.“ Nur Behörden dürfen polizeiliche Geldbußen und Strafen eintreiben. In Deutschland ist dafür ausschließlich das Bundesamt für Justiz zuständig.
Dass die Verbreitung der personenbezogenen Daten unrechtmäßig sein könnte, zeigt ein Fall aus Österreich aus dem Jahr 2021: Hier legte ein betroffener Autofahrer Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde ein, da er die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch ein beauftragtes Inkassounternehmen als rechtswidrig ansah. Die Behörde gab der Beschwerde statt. Die Begründung: Da der EU-Gesetzgeber mit dem Vollstreckungsverfahren ein bestimmtes Instrument zur Eintreibung ausländischer Bußgelder hat, kann die Eintreibung durch ein Inkassounternehmen und die damit verbundene Übermittlung der personenbezogenen Daten nicht gerechtfertigt werden.
„Eine Entscheidung wie in Österreich wäre auch für Deutschland wünschenswert“, so Michael Nissen. „Anfragen zu Bußgeldern aus Italien gehören schon seit Jahren zu den Top-Themen in der ADAC Rechtsberatung. Unsere Mitglieder brauchen hier Rechtssicherheit, die ihnen mit dem EU-Vollstreckungsverfahren gegeben wird. Das wollen wir mit unserem Musterverfahren erreichen.“
Anzeige: Scharlatan – Theater für Veränderung
Der ADAC wird in einem weiteren Musterverfahren vor dem OLG Köln gegen die hohen Zusatzgebühren vorgehen, die oftmals von privaten Inkassodienstleistern mit Sitz in Deutschland als „Aufwandsentschädigungen“ veranschlagt werden. Zusatzgebühren sollten nicht als lukrative Einnahmequelle für private Inkassodienstleister dienen. Italienischen Inkassounternehmen ist es laut italienischem Recht sogar untersagt, solche Extragebühren zu verhängen. Gleiches wünschen sich die Juristen des Clubs für Inkassodienstleister mit Sitz in Deutschland. Ungeachtet davon gilt: Wer sich im Ausland nicht an die Regeln hält, muss hierfür natürlich auch die Verantwortung tragen.
Weitere Informationen und Details zu den beiden ADAC Musterverfahren gibt es auf adac.de
Quelle: ADAC / Bild: Pixabay