Vor der Parlamentswahl in Polen ist vor allem eines sicher – einen klaren Sieger wird es nicht geben. Eine Mehrheit der Opposition und damit eine Rückkehr des ehemaligen Premiers Donald Tusk als Premierminister ist möglich. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die drei verbündeten Oppositionsparteien, die liberalkonservative Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska), der bürgerlich-konservative Dritte Weg (Trzecia Droga) und die sozialdemokratische Neue Linke (Nowa Lewica) eine Mehrheit im Parlament schaffen. Gleichzeitig wird die regierende nationalkonservative PiS-Partei (Prawo i Sprawiedliwosc) wohl stärkste Partei bleiben, wenn auch mit deutlichen Verlusten gegenüber den Wahlen von 2019, so die letzten Umfragen. Zum Regieren braucht sie voraussichtlich einen Koalitionspartner.
„Das könnte die nationalistische und bisher politisch isolierte Partei Konföderation (Konfederacja) sein. Allerdings stehen sich beide Parteien in einigen Punkten diametral gegenüber. Der Erfolg von PiS hängt sehr stark mit dem Ausbau des Sozialstaats zusammen, unter anderem wurde das Kindergeld eingeführt, der Mindestlohn und die Renten erhöht. Die Partei Konföderation macht sich für geringere Staatsausgaben und für eine private Vorsorge stark. Ob und wie sich das miteinander vereinbaren lässt, wird sich zeigen“, so Christopher Fuß für Germany Trade & Invest (GTAI) in Warschau.
Aus Sicht der Wirtschaft sei vor allem eine stabilere Rechtslage wichtig. Die PiS-Regierung habe, so polnische Arbeitgeberverbände, zu kurzfristig und ohne Rücksicht auf die Unternehmen, Gesetze verabschiedet. Auch Mitglieder der Deutsch-Polnischen Industrie-und Handelskammer bewerten die Wirtschaftspolitik als schwer vorhersehbar und damit als Geschäftshindernis.
Das soll sich ändern, so die von Donald Tusk angeführte Opposition. Beispielsweise sollen Änderungen bei Steuergesetzen frühestens sechs Monate nach deren Bekanntgabe in Kraft treten. Daneben sollen Sozialabgaben für Unternehmen gesenkt und die Kohleverstromung schrittweise reduziert werden. Die PiS-Partei will möglichst lang daran festhalten. Auch das politische Verhältnis zu Deutschland und der EU dürfte sich unter einem möglichen Premierminister Tusk deutlich verbessern.
„Die EU-Fördermittel sind für Polen ausgesprochen wichtig. Und sie sind teilweise wegen der vereinbarten und nicht umgesetzten Justizreform eingefroren. Polnische Unternehmen fordern, dass die nächste Regierung den Streit mit der Europäischen Kommission beilegt und so die Gelder wieder fließen können“, erklärt Christopher Fuß weiter. Letztendlich sei für deutsche Unternehmen vor allem eines wichtig: „Nämlich dass sich die Handelsbeziehungen zwischen Polen und Deutschland positiv entwickeln. Genau das ist in den letzten Jahrzehnten geschehen, unabhängig von den regierenden Parteien. Und davon haben Deutschland und Polen profitiert“.
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Quelle: Germany Trade & Invest / Bild: Pixabay
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