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Messen als Teil der Marketing-Strategie neu denken

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Wie sieht die Zukunft von Messen im digitalen Zeitalter aus? Zu diesem Thema fand am 2. Juni 2021 ein Workshop statt, der vom MesseArbeitskreis Wissenschaft (MAK) und dem AUMA organisiert wurde. Rund 70 Teilnehmer verzeichnete das Meeting am diesjährigen Global Exhibitions Day, darunter Mitarbeitende von deutschen Messeveranstaltern, Verbänden und Hochschulvertreter.

„Präsenzmessen bleiben unverzichtbar, aber sie werden digital weiterentwickelt“, betonte AUMA-Geschäftsführer Jörn Holtmeier, der zusammen mit Prof. Dr. Sven Prüser, HTW Berlin, und Thorsten Knoll, MAK, den Workshop eröffnete.

Impulsvortrag „Digitalisierung von Messen digitalisiert keine Messen“
In seinem Vortrag verwies Oliver Schmitt, agendum Schmitt & Jähnke PartG, insbesondere darauf, dass Messen stärker Teil des Omni-Channel-Marketings werden müssten: Marketing und Vertrieb sollten viel besser vernetzt sein. Man müsse differenzieren zwischen Messen als Marktplattform und anderen Corporate Events. Reale Messen sollten die Messe-typischen Eigenschaften wie Markttransparenz und Serendipität (die Möglichkeit, etwas Ungesuchtes zu entdecken) betonen und weiterentwickeln. Wenn Messen künftig weiterbestehen bleiben wollten, müssten sie den neuen digitalen Ansprüchen der Kunden entsprechen und mit deren Marketingkonzepten kompatibel sein. Das mache neue Qualifikationen bei den Messeprojekten erforderlich. Sie müssten agiler werden, um auf Augenhöhe in Zielmärkten verstanden zu werden. Derzeit würden Innovationen zu langsam fertig, nötig seien mehr Pilotprojekte. Fazit: Keine aufwendigen Virtualisierungen von Messen nötig, sondern ein neues Mindset. Messen sollten nicht das digitalisieren, was auf realen Messen gut funktioniert.

Impulsvortrag „The new Power of hybrid Events“
Colja Dams von VOK DAMS GROUP betonte in seinem Statement, dass sich Hybridität ständig verschiebe in Bezug auf physische und digitale Anteile. Kundenansprüche haben sich bereits seit Beginn der Pandemie deutlich weiterentwickelt. Derzeit sei eine strategische Phase eingetreten, wo sich Kunden und Dienstleister neu ausrichten und Messen und ihre digitalen Formate neu und anders als zu Beginn der Pandemie konzipieren. Er erläuterte die These: Messen entwickeln sich von einem technologischen Fokus hin zu einem strategischen Fokus. Der Messeauftritt solle Teil einer digitalen Gesamtstrategie des Unternehmens sein.

Impulsvortrag „Wie digital hätten Sie es denn gern?“

In ihrem Vortrag erinnerte Silvana Kürschner daran, dass Digitalisierung bei Messen schon vor Corona umgesetzt wurde, etwa bei Serviceangeboten und der Planung von Messen, aber auch bei Veranstaltungsformaten, z.B. der Dream Hack in Leipzig. Die Leipziger Messe hat ihr Portfolio weiterentwickelt und wie auch andere Messeveranstalter in Technologien investiert. Dabei habe sich gezeigt, dass digitale Formate dann erfolgreich waren, wenn sie die realen Messen im Netz ergänzen und verlängern. Sie erreichen Zielgruppen, die vorher nicht zur Messen kommen konnten. Gerade in Zeiten mit eingeschränkten Reisemöglichkeiten kann das für Messen ein Pluspunkt sein. Insgesamt haben Digitale Formate bisher weniger Teilnehmer erreicht als die realen Messen vor Corona. Derzeit sind Aussteller noch zurückhaltend, die Leipziger Messe rechnet mit einem längeren Zeitraum der Erholung. „Nur Präsenzveranstaltungen bringen gesamtwirtschaftliche Prosperität“, betonte Frau Kürschner.

Impulsvortrag „Präsenz bringt Essenz – Messen und ihre hybriden Perspektiven“
Reinhard Karger, DKFI – Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, forderte die Messewirtschaft in seinem Vortrag auf, mehr Selbstbewusstsein aufzubauen. Während Corona habe ein großer Kompetenzsprung bei Ausstellern stattgefunden, vor allem im Streaming-Bereich. Auch das Equipment habe sich blitzschnell weiterentwickelt. Diese Errungenschaften müssen unbedingt erhalten bleiben. Karger erwartet auf der Future Hub 2022 in Hannover, dass auf jedem Stand Green Screens und Streamings stehen werden. Dazu brauche es hohe Brandbreiten! Ist die Infrastruktur bereit, war eine Frage, die den Forscher in diesem Zusammenhang beschäftigte. Auf der Messe wird persönliche Begegnung und Serendipidät stattfinden, Inhalte von der Messe werden permanent digitalisiert werden und über alle verfügbaren Kanäle verteilt werden. Fazit: Zeit und Raum sind wichtige Faktoren für die Dreidimensionalität von Messen und werden die Zweidimensionalität von digitalen Formaten immer übertreffen.

Zusammenfassung der Breakout Sessions

Am Anfang der Diskussion stand die Frage, wer bereits Emotionen auf einer digitalen Messe erlebt hat, fasste Prof. Stefan Luppold, DHBW Ravensburg, zusammen. Dabei wurden von den Teilnehmern eher Begleitveranstaltungen und digitale Events genannt. Emotionen machen Erlebnisse nachhaltiger, dabei spiele es keine Rolle, ob die Emotion positiv oder negativ ist, ob sie „online“ oder „on site“ ausgelöst wird. Positive Emotionen sind aber in der digitalen Welt viel schwieriger zu erzeugen, auch weil die technische Ausstattung beim Empfänger nicht beeinflusst werden kann. Digitale Erlebnisse werden als „nur zweidimensional“ beschrieben – aber eigentlich hat die Filmindustrie gezeigt, dass Gefühle in diesem Medium sehr wohl erzeugt werden können. Aussteller auf Messen müssen neue Qualifikationen erwerben: Storytelling und perfekte technische Inszenierungen. In der Gruppe wurde von der besonderen Frustration berichtet, nach einem digitalen Event einfach allein zurückzubleiben: es entsteht ein „Emotionsvakuum“ nach dem zwischenmenschlichen Austausch.

Erfahrungen mit wirklich hybriden Messen gebe es bisher in Deutschland noch nicht, berichtete Hendrik Hochheim, AUMA: Es müsse in der Branche noch Begriffsklärungen zum Thema geben. Schon die Frage, ob hybride Events immer zeitgleich und parallel zur realen Messe stattfinden müssen, wird noch diskutiert. Aussteller und Veranstalter müssen ein neues Erwartungsmanagement etablieren: Hybride Formate erfordern sehr viel mehr Aufwand bzgl. Personal und Skills. Der Mehrwert ist im Moment noch sehr überschaubar. Digitale Angebote auf Messen sollten passgenau sein, es muss nicht der Versuch unternommen werden, die ganze Messe zu digitalisieren. Echte, synchrone Interaktionsmöglichkeiten zwischen Ausstellern und Besuchern sind auch für den digitalen Teil unabdingbar. Vorstellbar sind digitale Satelliten-Events zu physischen Messen. Erfolgsmessung muss neu entwickelt werden: ROI und KPIs. Im Zusammenhang mit hybriden Messen sollte bald der Pandemiekontext verlassen werden und der Mehrwert von hybriden Formaten als neues, wertstiftendes Produkt aufgebaut werden.

Zum Wissenschaftstransfer auf Messen fasste Thorsten Knoll, Mak, zusammen: Es fehlen in Bezug auf digitale oder hybride Messeformate Handlungsempfehlungen für Institutionen aus der Wissenschaft. Hybride Events werden als digitale Erweiterungen von physischen Veranstaltungen verstanden. Wie will sich die Wissenschaft auf Messen darstellen? Wichtig ist, dass die digitale Infrastruktur beim Veranstalter vorhanden ist. Content, der auf Messen in Bezug auf Wissenschaftskommunikation generiert wird, sollte Open Access haben, um die Wissenschaftscommunity zu erreichen.

Fazit: Digitale Contentgenerierung auf Messen brauche immer Moderation und Interaktionsmöglichkeiten für alle Rezipienten – online und on site. Gewünscht werde keine rein digitale Messe, der physische Anteil sollte dominieren.
Quelle: AUMA – Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. / Bild: Pixabay