Das bisherige von Rechtsprechung und Politik akzeptierte Geschäftsmodell von Fluglinien und Reiseveranstaltern, bereits im Voraus noch nicht erbrachte Leistungen abzurechnen, wurde bislang eher unter dem Aspekt des Insolvenzrisikos und des Verbraucherschutzes betrachtet, berichtet der Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR). Nun in der Corona-Krise jedoch zeigt sich, dass eine Betrachtung dieses Geschäftsgebarens als solches kritisch zu erfolgen hat: Einer der Gründe für die massiven Auswirkungen der Krise auf die Unternehmen ist das seit Jahren gelebte Geschäftsmodell, das Geschäft dauerhaft mit dem „Kredit“ der Kunden zu betreiben, denn die Gelder für Flug- oder Pauschalreisen werden weit im Voraus bezahlt.
Kommt es dann,wie in diesem Jahr, aufgrund einer Krise – dies muss nicht zwingend eine Pandemie derzeitigen Ausmaßes sein, dies können auch ein Vulkanausbruch oder regionale Konflikte sein – zu einer größeren Anzahl an Annullierungen, sind die Fluggesellschaften schlichtweg nicht in der Lage, die den Kunden zustehenden Gelder zu erstatten. Das „Kundenkreditmodell“ wirkt dann als Brandbeschleuniger und ist damit ein systemimmanenter Fehler. Diese Krise bietet die Chance, ein neues Modell aufzusetzen, das ausgewogen die Risiken verteilt und zudem die bisherige Praxis, die Geschäftsreisende und private Verbraucher gleichermaßen benachteiligt hat, zu beenden. Dass sich der Kunde auf seine Erstattungsansprüche bei Flugausfällen nicht verlassen kann, zeigt die jüngste Praxis der Airlines während der Corona-Krise: Der standardisierte Erstattungsprozess für stornierte Flüge wurde schlicht aus den gängigen Systemen entfernt – die Beträge wurden nicht ausbezahlt und die Unternehmen vertröstet.
„Pay-as-You-check-in“ ist die Option, den Flugpreis erst zum Zeitpunkt des Check-In zu bezahlen, also bei Leistungserbringung. Über gängige Kreditkarten-Bezahllösungen kann die Zahlung gewährleistet werden – so im Hotelbereich seit Jahren erfolgreich praktiziert. Im Falle von Flugannullierungen entfällt der Prozess für die Rückerstattung des Flugpreises und damit Aufwand auf allen Seiten. Das Modell bietet zudem Rechtssicherheit, da keine Ansprüche im Nachgang durchgesetzt oder erfüllt werden müssen. Der Staat müsste nicht einspringen, um den Rückerstattungsverpflichtungen insolventer Fluggesellschaften nachzukommen, und es würde auch keine zusätzliche Insolvenzabsicherung benötigt.
„Pay-as-You-check-in“ soll für alle Tarife als Auswahloption definiert werden und nicht ausschließlich im hochpreisigen Segment oder erst ab einem bestimmten Umsatzvolumen als Option verfügbar sein, wie es von einigen Airlines angeboten wird. Daneben kann es auch die sofort bezahlbaren Tarife geben – die Entscheidung liegt aber dann beim Kunden.
Für die Reisebüros als Vermittler wäre eine Umstellung nicht von Nachteil. Für die Leistung gegenüber dem Geschäftsreisekunden wird die Gebühr bei Buchung und damit der Leistungserbringung fällig. Inwieweit Provisionsmodelle mit Leistungserbringern wie Fluggesellschaften davon betroffen wären, ist in die derzeit bereits laufenden Diskussionen dazu aufzunehmen. Der Flugbetrieb ebenso wie die gesamte Reisebranche wird jetzt Anschubhilfen von staatlicher Seite in Milliardenhöhe in Anspruch nehmen, und es ist mit einer Konsolidierung des Flugmarktes zu rechnen. Diese Kosten tragen die Steuerzahler und die künftigen Fluggäste, also die Unternehmen mit Geschäftsreisenden sowie die Urlaubsreisenden. Der faktische Shutdown einer gesamten Branche und der bevorstehende „Null-Start“ ist eine große Chance, sich von dem Kundenkreditmodell zu trennen und nunmehr ein zukunftsfähiges und zudem für die Kunden und Reisevermittler faires Geschäftsmodell zu entwickeln.
Quelle: Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR)
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