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Bußgelder besser gleich bezahlen

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Temposünder, Rotfahrer und andere Verkehrsteilnehmer, die es mit der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht so genau nehmen, werden – hier wie im Ausland – regelmäßig zur Kasse gebeten. Bußgeldbescheide sind wahrscheinlich neben Rechnungen die unbeliebteste Post. Zum Glück kann man ihnen widersprechen. Laut ARAG Experten ist es oft aber besser, einfach die Kröte zu schlucken und das geforderte Bußgeld unwidersprochen zu begleichen.
In der Europäischen Union (EU) wird vieles vereinheitlicht – von Glühbirnen bis zu Regeln für Flugdrohnen. Was sich der Vereinheitlichung bisher widersetzt hat: Die Verkehrsregeln in den einzelnen Mitgliedstaaten. Und damit auch die drohenden Bußgelder, wenn man sich nicht an die Regeln hält. So gilt beispielsweise in Ungarn die 0-Promille-Grenze; in Polen darf man ab 0,2 Promille Alkohol im Blut nicht mehr hinters Steuer, in Portugal ist mit 0,5 Promille Schluss. Einzig in Großbritannien darf man mit unter 0,8 Promille unbehelligt vom Pub nach Hause fahren – und das sogar auf der linken Fahrbahnseite. Auch die verhängten Bußgelder sind höchst unterschiedlich. Wer mit 20 Stundenkilometern zu viel auf dem Tacho unterwegs ist, zahlt in Polen mindestens 25 Euro und in Norwegen mindestens 480 Euro.
Wer ein ausländisches „Knöllchen“ in seinem Briefkasten vorfindet, sollte dieses nicht einfach wegwerfen. Laut ARAG Experten können Bußgelder nämlich EU-weit unter bestimmten Voraussetzungen vollstreckt werden. Möglich ist dies, seit Deutschland 2010 einen EU-Rahmenbeschluss zur Vollstreckung von Geldsanktionen in nationales Recht umgesetzt hat. Inzwischen wenden 27 EU-Länder den Rahmenbeschluss an. Für deutsche Autofahrer bedeutet das: Rechtskräftige Bußgeldbescheide aus diesen Ländern können ab einer Höhe von 70 Euro in Deutschland vollstreckt werden. Da die Bußgelder im Ausland oft wesentlich höher als in Deutschland ausfallen, kann dieser Schwellenwert auch bei einem harmlosen Parkverstoß erreicht sein. Zudem werden die Verwaltungsgebühren in den Schwellenwert mit eingerechnet. Lautete der Bußgeldbescheid also zum Beispiel auf 40 Euro, kann er gleichwohl in Deutschland vollstreckt werden, wenn Verfahrenskosten von 30 Euro dazukommen. Zuständig für die Vollstreckung ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn. Zahlungsaufforderungen von Inkassounternehmen können also ignoriert werden. Das BfJ leitet die Vollstreckung nur dann ein, wenn der Bescheid aus dem Ausland eine deutsche Übersetzung enthält, die zumindest den wesentlichen Inhalt wiedergibt. Ferner scheidet eine Vollstreckung aus, wenn der Betroffene in dem ausländischen Verfahren keine Gelegenheit hatte, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Bei Verkehrsverstößen kennen deutsche Beamte meist kein Pardon: Nur bei geringfügigen Verstößen wird ein Verwarnungsgeld erhoben, das unter Umständen auch vor Ort gezahlt werden kann. Ansonsten flattert ein Bußgeldbescheid ins Haus, der in der festgelegten Höhe gezahlt werden muss. Anders sieht es in einigen EU-Ländern aus. Wer schnell zahlt, kann in den Genuss eines Rabatts kommen und so je nach Land bis zur Hälfte des Bußgeldes sparen. So gibt es zum Beispiel in unserem Nachbarland Belgien bis zu 10 Prozent Rabatt, wenn man einen entsprechenden Vergleichsvorschlag des Staatsanwalts annimmt. In Frankreich werden je nach Verstoß bis zu 45 Euro vom Bußgeld erlassen. Voraussetzung: Man zahlt innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, die sich danach richtet, ob der Bußgeldbescheid direkt vor Ort ausgehändigt wurde oder erst später zugestellt wird. Auch in Italien kann sich ein zeitnahes Bezahlen lohnen: Hier wird in der Regel bei einem erstmaligen Verkehrsverstoß der gesetzliche Mindestbetrag verlangt. Davon können Autofahrer nochmals 30 Prozent abziehen, wenn sie innerhalb von fünf Tagen zahlen. Diese Regelung gilt allerdings nicht bei schwerwiegenden Delikten, die ein Fahrverbot oder eine Kfz-Beschlagnahme nach sich ziehen. In Spanien, Großbritannien und Griechenland schließlich sind sogar bis zu 50 Prozent Ersparnis drin, wenn innerhalb der jeweils vom Gesetz vorgesehenen Frist gezahlt wird.
In bestimmten Fällen sollten sich Autofahrer einen Einspruch auch bei deutschen Bußgeldbescheiden verkneifen. Denn der Schuss gegen den Bußgeldbescheid kann nach hinten losgehen. Zwar heißt es in § 72 Abs. 3 S. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), „Das Gericht darf von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen“. Dieser Grundsatz gilt nach Auskunft der ARAG Experten aber nicht uneingeschränkt. In einem konkreten Fall sollte ein Temposünder 160 Euro zahlen. Außerdem wurde ihm ein einmonatiges Fahrverbot aufgebrummt, das er erst nach einer viermonatigen Schonfrist beginnen musste. Der Mann legte Einspruch gegen die rechtlichen Maßnahmen ein und wunderte sich sehr, als nicht nur das Bußgeld und das Fahrverbot vom zuständigen Amtsgericht bestätigt wurden, sondern er das Fahrverbot auch noch sofort antreten sollte. Er sah darin einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot des OWiG. Seine Beschwerde blieb allerdings erfolglos. Denn zum einen gilt das Verbot der Verschlechterung nur, wenn das Amtsgericht im schriftlichen Verfahren ohne Hauptverhandlung über den Einspruch entscheidet. Hinzu kam hier aber noch, dass der unverbesserliche Raser bereits vor Erlass des einen Bußgeldbescheides erneut geblitzt wurde. Die Bußgeldstelle durfte den neuerlichen Verstoß zwar noch nicht berücksichtigen. Sehr wohl aber das Amtsgericht, das erst entschied, als beide Tempo-Überschreitungen rechtskräftig vorlagen (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az.: IV-2 RBs 195/18).
Quelle: ARAG Versicherung