Ob hart oder weich: der Brexit kommt und bringt Unsicherheiten – vor allem für den Handel. Fakt ist: Großbritannien gehört zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern Deutschlands. Trotz geografischer Nähe sind die kulturellen Unterschiede beider Länder größer als so mancher annimmt. Susanne Philippsen ist interkulturelle Trainerin bei den gemeinnützigen Carl Duisberg Centren und gibt Tipps für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Briten.
Humor ist die beste Medizin
Für Erich Kästner ist Humor „der Regenschirm der Weisen.“ Und sowohl Humor als auch den Regenschirm brauchen Sie in Großbritannien ganz sicher. Briten kaschieren Emotionen gerne mit Humor, entschärfen damit Konflikte oder nutzen ihn als „Ice breaker“ bei Präsentationen. Berühmt wie berüchtigt ist der „schwarze Humor“, gerne begleitet von einer Portion Ironie. Ernsthaft vorgetragen ist er oft schwer zu erkennen. Punkten Sie in Großbritannien, indem Sie sich von Ihrer humorigen Seite zeigen.
Mit Zurückhaltung zum Ziel
Deutsche achten nach wie vor auf Titel. In Großbritannien dagegen trifft man einen „doctor“ meist nur im Krankenhaus, erfährt vom Abschluss an einer Eliteuni eher beiläufig beim informellen Plausch. Nur Prahler pochen auf Titel und Erfolge. Orientieren Sie sich bei einer Vorstellungsrunde am britischen Geschäftspartner und spielen Sie sich nicht zu sehr in den Vordergrund. Wer vehement auf seinem Standpunkt beharrt, wird schnell zum „know-it-all“ – einem Besserwisser mit vermeintlich „typisch deutscher Überheblichkeit“. Versuchen Sie lieber, einen Konsens für eine gemeinsame Lösung zu finden.
Höflichkeit ist Trump
Sie rempeln jemanden an und Ihr Gegenüber entschuldigt sich fürs im Weg stehen? Klar, denn das ist der britische Sinn für Höflichkeit! Sparen Sie daher nicht mit Dank – und lassen Sie lieber einmal zu viel als zu wenig „thanks a lot“ oder das umgangssprachliche „cheers“ verlauten. Im Geschäftsleben empfinden es Briten als schroff, wenn Deutsche direkt kommunizieren und ohne Umschweife auf den Punkt kommen. „We want“ oder „you should…“ sollten Sie direkt aus Ihrem Vokabular streichen. Und ein für deutsche Ohren gut gemeintes „could you please?“ toppen Briten noch durch ein wesentlich höflicheres „I wonder, do you think you could…?“ oder „Would you mind“.
Vorsicht bei Kritik
Die vielgeliebte deutsche „konstruktive Kritik“ verpacken Briten deutlich freundlicher und so weniger offensichtlich. Hinter einer vermeintlich kleinen Anmerkung kann die komplette Überarbeitung eines Berichts stecken. Britische Höflichkeitsformeln wie „very helpful“ und „interesting“ können eine Absage zur Folge haben. Denn echte Begeisterung drücken Briten mit „excellent“ oder „brilliant“ aus. Ein deutliches Zeichen für das Interesse an Ihnen und Ihren Dienstleistungen signalisiert die Einladung zu einem informellen Abendessen.
Pragmatisch, praktisch, gut
Während Deutsche wegen ihrer Planungsliebe, Projektpläne und To-Do-Listen gerne als Pedanten gelten, bevorzugen Briten pragmatische Lösungen und das „Durchwurschteln“ von Fall zu Fall. Unbekannte Einflussfaktoren stellen weniger Probleme dar als für die deutschen Partner. Denn was zählt ist der „common sense“ und die eigene Erfahrung. Lassen Sie daher in der Zusammenarbeit auch mal „fünf gerade sein“ und zeigen Sie sich flexibel.
Unverhofft kommt oft
Der feinen englischen Art stehen britische Büroevents entgegen, die als wilde Motto-Partys zu jeder Jahreszeit eher an den rheinischen Karneval erinnern. Auch an „Crazy Socks Days“ peppen viele ihr Bürooutfit mit verrückten Socken auf. Briten beherrschen den Spagat zwischen vornehmer Selbstdisziplin und ausgelassenem Feiern. Gemeinsam den Rahmen sprengen: dies ist gelegentlich sogar erwünscht. Sperren Sie sich komplett dagegen, gelten Sie schnell als Spaßbremse. Tipp: Authentisch bleiben – auch ein kleines Accessoire zeigt Ihren guten Willen!
„You“ ist nicht gleich „you“
Engländer gehen gerne direkt zum Vornamen über. Wer sich unsicher ist, wartet ab, ob dieser ihm angeboten wird. Ein kumpelhaftes Verhalten ist dann allerdings nicht empfehlenswert. Trotz des lockeren Umgangstons bestehen subtiler kommunizierte hierarchische Unterschiede. So etwa haben Vorgesetzte in Meetings längere Redeanteile. Zudem kommt ein Handschlag in der Regel nur beim ersten Kennenlernen zum Einsatz – denn dieser ist in Großbritannien völlig unüblich. Ein „Good to see you“ oder „How are you doing?“ reicht ansonsten völlig aus.
Quelle: Carl Duisberg Centren
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