Statt eines Direktfluges wählte der Mitarbeiter einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai. Für die insgesamt für Hin- und Rückreise angefallenen vier Reisetage zahlte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden. Der Mitarbeiter hingegen verlangte Bezahlung von weiteren 37 Stunden, da die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle und zurück wie Arbeit zu vergüten sei.
Während das erstinstanzliche Arbeitsgericht die Klage des Mitarbeiters abwies, gab das Landesarbeitsgericht als Berufungsgericht dem Mitarbeiter Recht. Der Arbeitgeber ging hiergegen in Revision vor das BAG, das in seinem Urteil zu dem Schluss kommt, dass in Fällen der vorübergehenden Auslandsentsendung von Arbeitnehmern „die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers“ erfolgen und „deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten“ sind.
Bisherige Rechtslage
Die rechtliche Einordnung von Reisezeiten ist seit jeher für die Vergütung der reisenden Mitarbeiter und Fragen des Arbeitsschutzes nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) von Bedeutung.
Vergütungsrechtlich galt bislang der Grundsatz, dass in die reguläre Arbeitszeit fallende Dienstreisen zu vergüten sind. Außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit fallende Dienstreisen waren hingegen nur bei entsprechender Vereinbarung – sei es in einem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung – zu vergüten. Fehlt eine Regelung, sollte ein Vergütungsanspruch nur dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer gemäß § 612 BGB eine Vergütung für die außerhalb seiner betriebsüblichen Arbeitszeit für die Reise aufgewandte Zeit erwarten durfte. Einen generellen Anspruch auf die Vergütung von Reisezeiten gab es bislang gerade nicht.
Arbeitsschutzrechtlich wird die Reisezeit im Zusammenhang mit Dienstreisen bislang immer dann als Arbeitszeit gewertet, wenn der Arbeitnehmer während dieser Zeit überwiegend fremdbestimmt im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers „beansprucht“ wird. Ordnet ein Arbeitgeber also an, dass während der Reisezeit zu arbeiten ist, handelt es sich um Arbeitszeit nach dem ArbZG.
Fehlt eine solche Anordnung, ist nach den genutzten Verkehrsmitteln zu differenzieren. Reist ein Arbeitnehmer mit der Bahn oder mit einem Flugzeug, besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Erholung und dem Verfolgen privater Interessen, weswegen eine solche Reise – selbst wenn der Arbeitnehmer freiwillig arbeitet – arbeitsschutzrechtlich nicht als Arbeitszeit qualifiziert wird. Ordnet ein Arbeitgeber hingegen die Reise mit einem PKW an, ist – mangels Erholungsmöglichkeit für den Fahrer – diese Zeit als Arbeitszeit zu qualifizieren.
Auswirkungen des Urteils
Bislang hat das BAG zu dem Urteil nur eine kurze, allgemein gehaltene Pressemitteilung herausgegeben. Mit der Veröffentlichung des Urteils, aus der die juristische Herleitung und Begründung der Richter ersichtlich wird, ist erst in einigen Wochen zu rechnen. Insofern ist eine vollumfängliche juristische Beurteilung noch nicht möglich.
Es lässt sich allerdings absehen, dass Unternehmen durch das Urteil mit zusätzlichen Kosten rechnen müssen. Zwar wurde das Urteil für den Fall einer Auslandsentsendung gesprochen, es ist aber nach einer ersten Einschätzung kein Grund ersichtlich, warum der Grundsatz „Reisezeit=zu vergütende Arbeitszeit“ nicht auch für kürzere und auch innerdeutsche Dienstreisen gelten soll. Dies könnte dann dazu führen, dass der Flugpreis als bisheriges Hauptkriterium des Flugeinkaufs künftig um die für die Reise insgesamt benötigte Zeit ergänzt werden muss.
Ob sich das BAG – wie von einigen behauptet – mit diesem Urteil auch von seiner oben dargestellten arbeitsschutzrechtlichen „Beanspruchungstheorie“ löst, kann erst nach genauer Analyse der Urteilsbegründung bewertet werden. Titel und Inhalt der Pressemitteilung jedenfalls erlauben diesen Schluss zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Quelle: Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR)
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