Bundesarbeitsministerin Nahles hat unlängst erklärt, dass „die Hälfte der Solo-Selbstständigen nicht für das Alter vorsorgt“. Die Ministerin bezog sich dabei auf eine Studie des DIW. Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. (VGSD) hat die Fakten überprüft und festgestellt: Die Aussage der Ministerin ist irreführend.
„Die Studie, auf die Ministerin Nahles sich bezieht, wertet ihrerseits Ergebnisse des Mikrozensus aus. Dort wurde aber lediglich erhoben, ob ein Selbstständiger zum Befragungszeitpunkt Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung zahlt und ob er private Lebensversicherungen mit einer Gesamtsumme von mehr als 50.000 Euro abgeschlossen hat“, erklärt Dr. Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des VGSD. „Der Mikrozensus blendet sämtliche anderen Formen der Altersvorsorge aus. Das gilt etwa für Immobilien, Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Investmentfonds, Sparverträge und sogar für die staatlich geförderte Rürup-Rente.“ Nach dieser Logik könnte ein Selbstständiger Immobilien- und Wertpapiervermögen im Wert von mehreren Millionen Euro für den Ruhestand aufbauen – in den Augen von Ministerin Nahles besäße er keine Altersvorsorge.
Gesetzliche Rente und Lebensversicherungen: für Selbstständige unattraktiv
„Die Einengung der Betrachtung auf die gesetzliche Rentenversicherung und auf Lebensversicherungen geht an der Situation von Soloselbstständigen völlig vorbei“, ergänzt Dr. Lutz. Selbstständige könnten in der gesetzlichen Rentenversicherung zwar freiwillig Mitglied werden – das aber sei angesichts der ständigen politischen Eingriffe ins System und der unsicheren künftigen Leistungen unattraktiv. Auch für Kapital bildende Lebensversicherungen spreche angesichts des niedrigen Garantiezinses im Moment wenig.
„Interessant an den Aussagen der Ministerin zur Studie ist darüber hinaus, dass sie das Thema Crowdworking bei dieser Gelegenheit unauffällig wieder einkassiert hat“, erklärt Dr. Andreas Lutz. „Crowdworking wird nun offiziell als Randphänomen bezeichnet. In den vergagenen 18 Monaten wurde aber die angebliche Schutzbedürftigkeit von Crowdworkern immer wieder als Argument für die Einführung einer Rentenversicherungspflicht für Selbstständige angeführt und hat sich so in der öffentlichen Wahrnehmung festgesetzt.“
Einbindung in den Dialog kommt zu spät
Die Ankündigung, Selbstständige in den zweijährigen Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ einzubinden, freut den VGSD, aber: „Eine Veranstaltung mit einer größeren Zahl von Selbstständigenverbänden ist erst für Oktober 2016 geplant. Die Aussagen des Weißbuchs ,Arbeiten 4.0’ dürften dann aber im Wesentlichen feststehen, denn die Ministerin will das Dokument bereits im November 2016 präsentieren. Die Einbindung in den Dialog ist wichtig, kommt aber zu spät.“
Die Aussagen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles lassen sich auf der Website des Ministeriums
http://www.bmas.de//DE/Presse/Meldungen/2016/2016-05-30-solo-selbstaendige.html
nachlesen. Nahles bezieht sich auf die (dort verlinkte) Studie „Solo-Selbständige in Deutschland – Strukturen und Erwerbsverläufe“, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erstellt hat.
Fazit von Dr. Andreas Lutz: „In Deutschland gibt es rund 2,3 Millionen Solo-Selbstständige – wer den Dialog mit einer so großen Gruppe von Steuerzahlern und Wählern sucht, sollte irreführende Aussagen und Pauschalurteile vermeiden. Es ist wichtig, derart weitreichende Entscheidungen im Dialog mit den Betroffenen auf Basis von Fakten zu treffen.“
Quelle: www.vgsd.de
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